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Expert:innen für Philatelie diskutieren Briefmarken als Investitionsmöglichkeit: "Es kann passieren, dass unser Geschäft zusammenbricht"


Dem Briefmarkensammeln haftet der Ruf an, ein ausgestorbenes Hobby zu sein. Ob das stimmt und welche Sammlerstücke noch heute wertvoll sind, darüber haben wir mit Christine Böhmwalder, Leiterin der Philatelie Liechtenstein und Roland Seger, Vorsitzender der Geschäftsleitung der Post Liechtenstein, gesprochen.

Früher gang und gäbe, heute eher selten: Das Briefmarkensammeln.

„Die meisten verbinden damit ein altes Hobby“, meint Christine Böhmwalder, Leiterin der Philatelie Liechtenstein. Eine Institution, die bereits viele nicht mehr kennen: Die Philatelie beschäftigt sich mit der Briefmarkenkunde, wobei dort unter anderem der Druck und die Gestaltung von Briefmarken überwacht wird.

Auch wenn die Briefmarkenkunde für einige als ausgestorben gilt, kam eine aktuelle Umfrage des Online-Marktplatzes Catawiki zu dem Ergebnis, dass Briefmarken und Münzen zu den beliebtesten Sammlerstücken der Deutschen zählen. Den meisten Laien sind wohl die Rote und Blaue Mauritius ein Begriff. Sie gelten als die bekanntesten Briefmarken der Welt – die Rote Mauritius soll 2021 für rund 8 Millionen Euro versteigert worden sein.

Christine Böhmwalder
Christine Böhmwalder © Philatelie Liechtenstein

Trotzdem muss Böhmwalder zugeben, dass ihr Publikum immer älter wird. Was die passionierte Sammlerin dagegen tun will? Mit neuen Produkten, die Marken auch in einer digitalen Welt etablieren. Denn die Begeisterung der gelernten Grafikdesignerin für die bunten Bilder bleibt ungetrübt: „Meine Leidenschaft für Briefmarken habe ich schon früh entdeckt“, erzählt sie.

Ihr früheres Ziel: Eine eigene Briefmarke zu gestalten – was ihr bei der Philatelie Liechtenstein auch gelang. Denn was viele nicht wissen: In den kleinen Papieren steckt nicht selten bis zu eineinhalb Jahren Arbeit.

„Eine Geschichte auf einem so kleinen Stück Papier darzustellen, ist eine Kunst für sich“, so Böhmwalder. Dabei handele es sich nicht nur um ein Bild, welches verkleinert wird – sondern um ein eigens kreiertes Design. Gestalter stecken nicht nur viel Zeit in die Recherche, um die Thematik richtig darzustellen, sondern auch der Druck spiele eine wichtige Rolle. Wobei die Druckproduktion auch mal bis zu sechs Monate dauern könne. „Qualität im Design und auch in der Produktion sind für uns das oberste Gebot. Bei besonders aufwendigen Briefmarken überwachen wir die Produktion persönlich und da kann es schon mal vorkommen, dass wir einige der Briefmarken als Makulatur vernichten“, führt Böhmwalder aus. 

Der Wert einer Briefmarke

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Womit die Frage aufkommt, wie sich dieser Aufwand im Wert der kleinen Kunstwerke widerspiegelt? „Hier unterscheiden wir zwischen klassischen Briefmarken, die auch für den Versand von Briefen verwendet werden und von stark limitierten Briefmarken mit Sammlerwert. Beim ersteren bestimmt die Nominale den Wert der Briefmarke, also der offizielle Preis für den Postversand. Das Spezial-Sammler-Objekt zeichnet sich durch aufwendige Verarbeitung (Druck-Veredelung, Blockchain-Technologie, NFT, etc.) oder auch durch eine starke Limitierung aus“, erläutert Böhmwalder.

Roland Seger
Roland Seger © Philatelie Liechtenstein

So gab die Philatelie beispielsweise eine gestickte Briefmarke mit echtem Goldfaden zum 300-jährigen Jubiläum von Liechtenstein raus. Dort lag der Preis mit 300 Schweizer Franken, umgerechnet 311,53 Euro, weit über dem des Postversands – und auf dem Sekundärmarkt mit in etwa 1.350 Schweizer Franken nochmal deutlich höher.

Briefmarken: Ein Stück Geschichte

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Häufig ist jedoch gar nicht die Briefmarke spannend für Sammler, sondern vielmehr die Briefe oder Belege, welche sie bezeugt. Hat man beispielsweise eine Briefmarke von 1963, die es in einer hohen Auflage gibt, dann ist sie per se nicht wertvoll. „Wenn aber mit dieser Briefmarke ein Brief an John F. Kennedy verschickt wurde und das auch noch genau an dem Tag vor seinem Tod, dann bekommt das geschichtlich eine ganz andere Relevanz“, erklärt Roland Seger, Vorsitzender der Geschäftsleitung der Post Liechtenstein.

Und heutige Briefmarken? „Auch heute noch, sind solche Briefe interessant, auch wenn der Besitzer in erster Linie einen anderen Wert damit verbindet. Im Prinzip entstehen immer wieder neue Themen, da ist der Sammler frei. Sei es die Einführung einer neuen Währung oder aber auch durch schlimme Entwicklungen wie Kriege oder Katastrophen erhalten leider auch noch neue Briefmarken einen gewissen Zeitzeugenwert“, so Böhmwalder. Insgesamt gebe es heutzutage jedoch mehr Themensammler, die sich auf bestimmte Motive wie Landschaften, Sport, Tiere oder Länder konzentrieren.

Was für den Wert einer Briefmarke auf dem Sammlermarkt ausschlaggebend ist:

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  • Wie gesucht die Briefmarke ist
  • Seltenheit
  • Zustand
  • Das Thema – wie zum Beispiel Sport, Berge oder ein bestimmtes Land
  • Der Künstler hinter der Briefmarke
  • Gesellschaftliche Anlässe, wie Jubiläen oder ähnliches
  • Der geschichtliche Kontext (echtgelaufene Briefe mit echten Poststempelungen)
  • Der Besitzer der Briefmarke beziehungsweise Absender und Empfänger des Briefs

Briefmarken in einer digitalen Welt

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Trotzdem bleibt es schwer, eine digitale Generation für eine analoge Form des Versands zu begeistern. Die Lösung: Kryptobriefmarken. So bietet die Philatelie Liechtenstein bereits seit einigen Jahren digitale Sammlermarken an. Dabei erwerben Briefmarkenfans sowohl eine physische Ausgabe als auch eine digitale Variante auf einer Blockchain.

Romero Britto fertigt das Kunstwerk für die NFT-Briefmarke an
Romero Britto fertigt das Kunstwerk für die NFT-Briefmarke an © Philatelie Liechtenstein

Außerdem gab die Philatelie Liechtenstein erst kürzlich ihre erste NFT-Briefmarke mit einem digital hinterlegten Kunstwerk des brasilianischen Neo-Pop-Art-Künstlers Romero Britto raus. „Wenige Leute können sich ein Gemälde des Künstlers leisten. Durch unsere Briefmarke und die Technologie dahinter haben sie einen virtuellen Zugang zu diesem Kunstwerk“, so Seger.

NFT-Briefmarke von Romero Britto
NFT-Briefmarke von Romero Britto © Philatelie Liechtenstein

Womit die Philatelie nicht nur Kunstfans, sondern auch die Krypto-Community anspricht. „Unsere letzte Kleinserie mit in etwa 5.000 Stück war innerhalb von 2 Minuten ausverkauft“, so Seger. Bei der vorherigen seien es noch 12 Minuten gewesen. „Das fühlt sich dann an wie bei Apple, wenn das neue iPhone auf dem Markt kommt – unser Shop ist auch schon zusammengebrochen“, so Seger weiter.

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Und was sind die digitalen Stücke wert? Sofort-Kaufpreise der limitierten Kryptobriefmarke „Nr.1 The Cat“ mit Regenbogen-Brille reichen auf der Plattform für Sammlerstücke „Ricardo“ bis zu 9.999,95 Franken. Der ursprüngliche Kaufpreis lag bei 9 Schweizer Franken. „Ob die Marke zu dem Preis tatsächlich verkauft wird, bleibt jedoch ungewiss“, gibt Seger zu bedenken.

Was für Sammler der Kryptomarken von Vorteil ist: Sowohl der Kaufzeitpunkt als auch der Käufer sind auf der Blockchain gespeichert. Womit die digitalen Marken laut der Philatelie-Experten eine bessere Fälschungssicherheit aufweisen als klassische Briefmarken. Trotzdem schränkt Seger ein: „Briefmarken können gar nicht so leicht gefälscht werden, da die meisten wertvollen Sammelobjekte aufgrund von Drucktechnologie, Design und Papier sehr aufwendig sind.“ Dennoch komme es vor. Daher sollten Sammler auf Zertifikate achten.

Bei einem sind sich die Brief-Experten zudem sicher: Wer mit dem Sammeln anfangen möchte, sollte vor allem eins mitbringen – Leidenschaft.

„Für mich ist Briefmarkensammeln wie Yoga für den Kopf – ich denke dann an nichts anderes mehr und tauche in eine eigne Welt ab“, schließt Böhmwalder. Und jeder könne dabei seine eigene Geschichte schreiben. Am allerschönsten sei es aber nach wie vor, eine Briefmarke zu kaufen, um einem geliebten Menschen einen Brief oder eine Postkarte zu schicken.


Über die Gesprächspartner:

Christine Böhmwalder ist Leiterin der Philatelie Liechtenstein, leidenschaftliche Briefmarkengestalterin und begeisterte Briefmarkensammlerin. Nachdem sie auch selbst zahlreiche Briefmarken für das Fürstentum Liechtenstein entwerfen durfte, trat sie 2020 in die Philatelie Liechtenstein ein. Schon früh begeisterte sich die gelernte Grafikdesignerin für die Kunst des Briefmarkengestalten und deren Geschichten. Denn ein wichtiges Anliegen für sie ist das Verbinden von Generationen und das Brückenbilden zwischen Tradition und Innovation.

Roland Seger ist seit 2017 Vorsitzender der Geschäftsleitung der Post Liechtenstein und verantwortlich für die Bereiche Strategie, Finanzen und Philatelie. Zuvor übte er verschiedene Tätigkeiten im Finanz- und Strategiebereich internationaler Unternehmen aus. Mit einer Kombination aus Kundenfokus, Innovation und Leidenschaft möchte er die Philatelie und das ganze Unternehmen in die Zukunft führen.

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Author: David Chavez

Last Updated: 1697961604

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Name: David Chavez

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Job: Biomedical Engineer

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